COMPAMED Innovationsforum 2020
widmete sich im digitalen Format der Hightech-Unterstützung
für Demenzpatienten
Nach jüngsten epidemiologischen Schätzungen leben allein in Deutschland 1,6 Millionen Menschen mit Demenz - eine erworbene Beeinträchtigung der geistigen Leistungsfähigkeit, die Gedächtnis, Sprache, Orientierung und Urteilsvermögen einschränkt und so schwerwiegend ist, dass die Betroffenen nicht mehr zu einer selbstständigen Lebensführung in der Lage sind.
Die meisten sind an Alzheimer erkrankt. Durchschnittlich treten Tag für Tag rund 900 Neuerkrankungen auf, die sich im Laufe eines Jahres auf über 300.000 summieren. Aufgrund der demografischen Entwicklung nimmt die Zahl der Demenzpatienten kontinuierlich zu. Sofern kein Durchbruch in Prävention und Therapie gelingt, dürfte die Zahl der Kranken in der Bundesrepublik bis 2050 auf etwa 2,8 Millionen Betroffene anwachsen. Nach Angaben von Weltgesundheitsorganisation und Alzheimer's Disease International sind weltweit 50 Millionen Menschen dement - auch global mit zunehmender Tendenz.
Vor diesem Hintergrund griff das COMPAMED Innovationsforum 2020 unter der Headline "Hightech-Unterstützung für Demenzpatienten" eine Thematik von enormer Tragweite auf. Das traditionell von der Messe Düsseldorf und dem IVAM Fachverband für Mikrotechnik gemeinsam organisierte Forum wurde im Juli auf Grund der Corona-Pandemie erstmals als dreiteilige digitale Veranstaltungsreihe durchgeführt und wurde auch in diesem Format dem Anspruch gerecht, in Vorschau auf die international führende Marktplattform der Medizintechnik-Zulieferer relevante Produkttrends an der Schnittstelle des Zuliefererbereichs zur medizinischen Anwenderpraxis aufzuzeigen (Termin der COMPAMED 2020 in Düsseldorf: 16. - 19. November/ parallel zur MEDICA 2020).
"Wir haben uns sehr über den konstant hohen Zuspruch zu unserer digitalen Veranstaltung gerade unter den ungewöhnlichen Bedingungen gefreut", bilanziert Christian Grosser, Deputy Director Global Portfolio Health and Medical Technologies bei der Messe Düsseldorf.
Großes Potenzial für KI
bei der Hilfestellung für Demente
Hinsichtlich vieler Aspekte bei der Demenzerkrankungen könnte Künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz kommen. Das beginnt bereits bei der Gemütserkennung, die schwierig ist, weil Demenzpatienten häufig unter kognitiven Einschränkungen leiden und deshalb über sich selbst kaum oder gar keine Auskunft geben können. "Wir sehen ein großes Potenzial für KI in diesem Bereich, zumal immer bessere Algorithmen und bessere Methoden zur Verfügung stehen", erklärt Prof. Till Bärnighausen, Leiter des Heidelberger Instituts für Global Health am Universitätsklinikum Heidelberg. So verfolgt die Isansys Lifecare Europe in dem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Netzwerk "KMU4DEMENTIA" das Ziel, Vitalparameter für die Gemütserkennung zu nutzen und mit geeigneten Algorithmen eine Früherkennung von Gemütszuständen zu gewährleisten. "Wir arbeiten also an der Entwicklung eines `Early Warning Scores´ für die zielgruppenspezifische Gemütsbewertung", sagt Michael Heinlein, Geschäftsführer der Isansys. Aus der Bewertung ließe sich auch eine Beeinflussung des Gemütszustandes ableiten, die grundsätzlich visuell (Helligkeit und Ausleuchtung, Lichttemperatur, Bilder), auditiv (Stimmen, Musik, vertraute Geräusche) und haptisch bzw. taktil (Personal, Roboter, Aktoren) erfolgen könnte. Im Ergebnis könnten so Medikamente gezielter eingesetzt oder verringert, das Wohlbefinden und die Sicherheit für Pfleger und Ärzte verbessert sowie das Patientenbefinden objektiver eingeschätzt werden.
Klassische Vitalparameter wie Herz- und Atemfrequenz, Körpertemperatur, Blutdruck sowie EKG und EEG sind heute bereits mit verschiedenen Sensoren messbar. In Zukunft wird es zudem aber um komplexe Parameter gehen, zu denen neben Demenz auch Schmerz, Schwindel, Inkontinenz und Erschöpfung gehören. Darüber hinaus lautet die Zielsetzung, möglichst kontaktlos zu messen, um Störgefühle bei den Patienten zu vermeiden. "Im gesamten Bereich werden mit Hilfe von Algorithmen aus dem Bereich Künstliche Intelligenz/ Maschinelles Lernen Lösungen machbar, robuster und effizienter", prognostiziert Wolfgang Gröting, Leiter des Fraunhofer-inHaus-Zentrums in Duisburg. Die Fraunhofer-Spezialisten entwickeln verschiedene smarte Sensorsysteme, die gesundheitsrelevante Informationen aus dem Umfeld von Personen körpernah sowie hochsensitiv auf Zell- und Molekülebene erfassen. So kann die Herzfrequenz z. B. durch Hautfarbenerkennung und Tracking mittels RGB-Kameras bestimmt werden. Dabei wird das Gesicht gescannt, jeder Herzschlag geht mit einer Farbveränderung zu helleren Werten einher. In einem Heim für betreutes Wohnen wären für eine lückenlose Überwachung mehrere Kameras pro Zimmer notwendig, für die Nacht müsste eine zusätzliche Infrarot-Beleuchtung installiert mit entsprechender Anpassung im Algorithmus vorgenommen werden. Die Fehlerrate ist bei diesem Verfahren bereits extrem niedrig.
Bilder: R. Eberhard, messekompakt.de, EBERHARD print & medien agentur gmbh