Die Trends der
imm cologne 2017
Der wichtigste Trend in der Einrichtungswelt: Es gibt kein richtig oder falsch mehr. Nicht nur das Leben ist widersprüchlich - unsere Wohnungen sind es auch! Leder steht neben Plastik, reduziertes Design neben nostalgischem Vintage, kühle Grau- und Weiß-Töne im Wohnzimmer neben einer pastellig angehauchten Küche und einem dunkelgrünen Schlafzimmer. Alles existiert nebeneinander. Und doch zeichnen sich im Vorfeld der imm cologne 2017 einige Trends ab, die in ihrem jeweiligen Bereich dominant sind.
Warum sucht einer der bekanntesten deutschen Designer die Zusammenarbeit mit Kunsthandwerkern aus Kolumbien? Warum sind natürliche Materialien so gefragt wie nie? Und warum stehen Accessoires und kleinere Möbel in der Gunst der Käufer ganz oben? In den neuen Wohnwelten werden dieses Jahr Möbel mit Geschichte, natürliche Materialien und kleine, gut designte Produkte eine Hauptrolle spielen. Bei den Farben sind neben dem großen Grau-Thema diesmal die Traffic-Light-Varianten in Rot und Grün gefragt, und die angesagte Wohnlichkeit führt zu einem nachhaltigen Revival von Tapeten, Teppiche und Textilien im Interior Design.
Eine Zeit der Gegensätzlichkeiten
Bei den Farben fällt es besonders auf, aber bei der Wahl der Möblierung ist es auch zu beobachten: Immer häufiger werden unterschiedliche Richtungen bei der Einrichtung eingeschlagen - manchmal sogar in ein und derselben Wohnung, wie Farbexperte Dr. Axel Venn sagt: "Die Wohnung vereint immer stärker Widersprüchliches. Wir suchen beides in ihr: Geselligkeit und Rückzug, Anziehendes und Ausklammerndes, wir laden Menschen ein und fliehen vor der Gesellschaft. Wir legen uns nicht gerne so ganz fest. Wir lieben zur gleichen Zeit Sachlichkeit und Putziges. Und das wird auf irgendeine Weise miteinander vermischt."
Doch nicht nur stilistisch vermischen wir in unseren vier Wänden gerne Gegensätzliches - auch unsere Lifestyles werden hier ganz nach Bedarf nebeneinander und gleichzeitig ausgelebt. Nicht nur Todd Bracher, Guest of Honour bei der Gestaltung von "Das Haus - Interiors on Stage" 2017, wünscht sich im Insgeheimen beides: ein Leben mit Hightech und mit der Natur, ein Leben in einer Blockhütte, aber mit Smartphone.
Für die Menschen wird das Private immer mehr zu einem Ort der Gleichzeitigkeit von Arbeit und Freizeit, Geselligkeit und Rückzug. Nicht umsonst wird es in den Wohnungen wieder gemütlicher, wie die imm cologne schon vor ein paar Jahren verkündete. Man sucht in ihr die Wohlfühl-Atmosphäre, die das globalisierte und in mancherlei Hinsicht bedrohliche Leben erträglich gestaltet. Und doch ist es nicht mehr derselbe individualistische Rückzugs-Trend, der in den 1990er-Jahren die Gesellschaft dominierte. Im Zukunftsreport 2017 wird das aktuelle, nach ästhetischer wie sozialer Wärme suchende Lebensgefühl als "Hygge" bezeichnet, ein Begriff aus dem Dänischen (gesprochen in etwa wie "Hu?gga"). Hygge ist eine weichere und sozialere Variante des Cocoonings, eine Lebensweise, in der man sich auf kleine Dinge konzentriert, Dinge, auf die es wirklich ankommt: mehr Zeit mit Freunden und Familie zu verbringen und die guten Dinge des Lebens zu genießen. Hygge, so der Trendreport, ist ein Antimodell zur flu?chtigen urbanen Lebensweise - innerhalb der urbanen Lebensweise. Dabei geht es aber nicht um "neue Spießigkeit", sondern um einen aufgeklärten, gestalterischen Umgang mit Dingen, Menschen, Situationen.
Hygge und der Trend zu hellen, freundlichen Farben in Pastell wie zu natürlichen Grüntönen machen Möbel im skandinavischen Einrichtungsstil derzeit zum absoluten Renner. Klein, natürlich, unprätentiös, dabei aber auch oft ungewöhnlich und frech im Design - das sind Zutaten, mit denen sich Gemütlichkeit schaffen lässt, einen Ort, an dem Modernität und traditionelles Wohlfühl-Ambiente gleichermaßen zuhause sind.
Möbel mit Geschichte
Für die Entwicklung einer kompletten Home Collection für ames beschritt Sebastian Herkner, Guest of Honour der imm cologne 2016, wieder einmal neue Wege. Dieses Mal suchte er die Zusammenarbeit mit kolumbianischen Kunsthandwerkern: In Santa Marta, in der kolumbianischen Karibik, fertigen Rafael und seine Freunde in traditioneller Flechtkunst Stühle aus Kunststoffschnüren und Stahl - Möbel und eine Technik, die das Bild der gesamten Küstenregion mitprägen. Das bekannte "Momposino"-Geflecht wird in diesem Landstrich Kolumbiens schon in der Schule als Handwerk gelehrt.
Zusammen mit Herkner testeten sie ein Wochenende die beste Methode, um die von dem deutschen Designer entworfenen, runden Formen zu realisieren, und wählten frische und lebensfrohe Farbkombinationen. Ames präsentiert die Caribe-Möbelserie als Teil der ames sala-Kollektion erstmals zur imm cologne 2017. Die neue, Outdoor-geeignete Möbelfamilie - Stuhl, Lounge-Sessel, ein hoher und ein niedriger, großer Beistelltisch sowie ein Korbtisch - kombiniert verschiedenfarbige Kunststoffschnüre mit einem verzinkten oder pulverbeschichten Gestell aus Stahlrohr und Stahldraht.
Die Caribe-Serie steht für einen Trend in der Einrichtungsbranche, der vielleicht niemals Mainstream wird, aber beispielhaft ist für ein bei Herstellern und Konsumenten wachsendes Bedürfnis nach Sinnstiftung. Und entgegen mancher Erwartungen wird dieser Trend offensichtlich vom Markt getragen. Nicht immer gelingt es wie hier, in einem Pilotprojekt nachhaltige Produktion mit einem ästhetischen Konzept erfolgreich zu verknüpfen, um gleichsam nebenbei dem zunehmenden Interesse der Menschen an authentischen Produkten entgegenzukommen. Doch die Zahl der Produkte, die eine ganz eigene Geschichte erzählen, wächst stetig.
Natürliche Materialien für individuelle Möbel
Auf der Suche nach Authentizität stehen Naturholzmöbel ganz oben auf der Wunschliste, denn sie sind immer etwas Besonderes - das sieht man, das riecht man, das fühlt man. Mit der imm cologne 2017 dürfte der Trend zu natürlichen Materialien einen vorläufigen Höhepunkt erfahren. Selbst im klimatisch nicht einfachen Umfeld des Badezimmers zieht nun Vollholz ein. Hersteller, die schon seit vielen Jahren auf Massivholzmöbel setzen, genießen hier sicherlich einen Vertrauensvorsprung. Das Unternehmen Team 7 aus Österreich hat nun gemeinsam mit dem Badmöbelhersteller Keuco die Edition Lignatur entwickelt: ein Badeinrichtungskonzept mit Möbeln aus Naturholz. Diese Badmöbel sind Unikate: Jedes einzelne Stück wird individuell gefertigt. Einzel- oder Doppel-Waschtischlösungen, mit eingelassenen oder aufgesetzten Waschtischen, Sideboards, Hochschränke und Sitzbänke entstehen aus drei hochwertigen Naturhölzern: edler Nussbaum, helle Eiche sowie Eiche Venedig - das mit seinen natürlichen Verzierungen durch den Schiffsbohrwurm eine ganz besondere Optik bietet.
Intelligentes Wohnen: Smart Home
Wohnen wir bald alle in schlauen Wohnungen und Häusern? Der Trend zum intelligenten Wohnen scheint bei vielen Deutschen gut anzukommen - Ergebnisse einer repräsentativen Studie, die der Energie- und Telekommunikationsdienstleister EWE in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Konsumforschung e.V. (GFK) durchführte, prophezeien dem Thema Smart Home eine große Zukunft: Wird das intelligente Zuhause als eine Möglichkeit verstanden, die den Wohnkomfort steigert und die Energiekosten senkt, ist die Mehrheit aller Deutschen (65,2%) daran interessiert. Die GfK-Studie untersuchte außerdem die Beweggründe der Menschen, die angaben, sich nicht für Smart Home-Lösungen zu interessieren (22,1%). Die zwei meist genannten Gründe: Zu hohe Kosten (46,4%) und die Furcht vor dem Verlust der Privatsphäre (39%). Für die Studie wurden 1001 Personen ab 14 Jahren in ganz Deutschland befragt.
Zeitgefühl der Fifties in zeitlosen Formen:
Möbel des Mid-Century-Style sind so angesagt wie nie
Er war der Ausdruck von Fortschrittsglauben, Wohlstand und einem Zuhause, das noch stark von traditionellen Familienstrukturen bestimmt war: der Mid-Century-Style. Dunkle, edle Hölzer und Leder in modernen, schlichten Formen, aber auch schon erste Kunststoff-Möbel in poppigen Farben sind seine Protagonisten. Viele der Mid-Century-Stücke stammen aus dem Umfeld der dänischen Moderne. Diese Designergeneration suchte nach allgemeingültigen Formen, die ein modernes Lebensgefühl mit menschlichem Maßstab vereinte - ein Anspruch, der auch den heutigen Nerv der Zeit trifft. Das enorme Feedback, das Editeure wie Vitra, Molteni & C, Thonet oder Walter Knoll vor ein paar Jahren auf der internationalen Einrichtungsmesse imm cologne mit ihren Re-Editionen erhielten, wirkte wie eine Initialzündung auf den Markt: Seither sind Mid-Century-Möbel nicht mehr nur bei Kennern voll im Trend.
Dabei ist es nicht nur die Ästhetik, die aus heutiger Sicht ihren Reiz ausmacht, sondern auch das, wofür sie stehen: Die Form transportiert ein Lebensgefühl, in dem sich Frank Sinatra und Doris Day durch Schwarz-Weiß-Filme sangen, Konrad Adenauer Sicherheit verbreitete, der Vater Zeitung lesend und Pfeife rauchend im Ledersessel saß und die Mutter bei Abendgesellschaften Häppchen reichte.
Bilder: R. Eberhard, messekompakt.de, EBERHARD print & medien agentur gmbh
Quelle: Koelnmesse