Medizintechnik-Industrie fordert Stresstest in Brüssel:
SPECTARIS trifft Europaabgeordnete, um Auswirkungen der geplanten Medizinprodukte-Verordnung deutlich zu machen
Die deutsche Medizintechnik-Industrie ist geschockt über den Entwurf der neuen Medizinprodukte-Verordnung und zutiefst besorgt darüber, dass sich scheinbar viele der verantwortlichen Parlamentarier deren Auswirkung auf die mittelständischen Medizintechnik-Unternehmen nicht bewusst sind. Der Ausschuss für Umwelt und Gesundheit des Europäischen Parlamentes beschloss jüngst den Entwurf für die neue Medizinprodukte-Verordnung. Dabei hat der Ausschuss dem eigenen Plenum sehr viel schärfere Regeln für den Marktzugang von Medizinprodukten vorgeschlagen als die Europäische Kommission in ihrem ursprünglichen Vorschlag. Darüber entschieden werden soll nun am 22. Oktober im Plenum. Die Branche fordert einen "Stresstest" und eine Überarbeitung der Beschlüsse. Dazu lud der Branchenverband SPECTARIS die Mitglieder des Europäischen Parlaments heute zu einer Sitzung in Brüssel ein.
Tobias Weiler,
Geschäftsführer des
Branchenverbands SPECTARIS
(Bild: SPECTARIS)
"Wir unterstützen Regeln, die sinnvoll sind und nachweislich die Patientensicherheit verbessern", so Martin Leonhard, Stellvertretender Vorsitzender des Fachverbands Medizintechnik beim Industrieverband SPECTARIS. Jedoch sind die vorgeschlagenen Neuregelungen alles andere als eine Verbesserung der Sicherheit. "Es scheint als wolle man vor der Legislaturperiode im Mai 2014 die Verordnung unbedingt beschlossen haben und ist deswegen durch die Abstimmung gehetzt. Es wurden Kompromisse ausgehandelt, die keinem Praxistest standhalten würden", so Leonhard. Bei dem Abstimmungsmarathon wurden über 1.000 Änderungsanträge in einem 200-seitigen Gesetzentwurf in 60 Minuten abgestimmt. "Ein Bürokratiemonster, das es erst einmal zu verstehen gilt", ergänzt Leonhard.
Speziell, wenn es um hochinnovative Produkte geht, wird die Regelungswut unüberschaubar. Mehr Gremien, viel mehr Verfahrensschritte, Verzögerungen um mehrere Jahre sollen nun drohen, ohne dass die Schöpfer des komplexen Regelwerks den Nachweis erbringen können, dass das Ziel erreicht wird, dem Patienten mehr Sicherheit zu geben. Der Vorschlag des Parlamentes sieht vor, dass zahlreiche Medizinprodukte einer zusätzlichen Überprüfung oder einer zentralen Zulassung unterzogen werden sollen. Diese Aufgabe soll von insgesamt 21 unterschiedlichen Ausschüssen mit mehreren Hundert Experten aus allen Ländern der EU übernommen werden.
Tobias Weiler, Geschäftsführer des Branchenverbands SPECTARIS meint: "Hier wird ein neuer Zulassungsapparat geschaffen, der durch die Vielzahl der nicht aufeinander abgestimmten Änderungsanträge in sich schon keine Logik aufweist, keine zusätzliche Sicherheit bietet und die Wettbewerbsfähigkeit der mittelständisch geprägten europäischen Medizintechnikindustrie leichtfertig aufs Spiel setzt." Der Vorschlag des Parlamentes gefährde damit die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen medizintechnischen Industrie und hochqualifizierte Arbeitsplätze in einer Wachstumsbranche am Standort Deutschland.
Quelle: SPECTARIS