Krebszellen zielgenau zerstören
Komplexe Untersuchungen mit optischen Verfahren etwa am Auge und Operationen per Laser gehören heute schon zum Alltag. Aber die Biophotonik-Forschung lässt noch dramatische Fortschritte erwarten. Schon während der Untersuchung eines Patienten lassen sich beispielsweise in Zukunft Krebszellen genau analysieren, ohne Gewebeproben entnehmen zu müssen. Denkbar wäre auch, Krebszellen oder Bakterien weitgehend nebenwirkungsfrei zu zerstören. Diese und weitere aktuelle Trends sind Themen beim World of Photonics Congress vom 12. bis 16. Mai 2013 und der Weltleitmesse LASER World of PHOTONICS 2013 vom 13. bis 16. Mai auf dem Gelände der Messe München.
Einen Schwerpunkt bildet die Sonderschau des "Forschungsschwerpunkts Biophotonik". Diese 2002 ins Leben gerufene und vom Bundesforschungsministerium geförderte Initiative wird in Halle B1 am Stand B1.340 die Highlights aus einem Jahrzehnt Biophotonik-Forschung präsentieren. Dazu zählen beispielsweise die ultrascharfe Lichtnanoskopie lebender Zellen oder Verfahren, um Bakterien frühzeitig zu erkennen und so etwa in Kliniken die Hygiene zu verbessern.
Der Schwerpunkt der Biophotonik-Forschung liegt heute überwiegend auf diagnostischen Verfahren, erklärt Dr. Carsten M. Philipp, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Lasermedizin (DGLM) und Leitender Oberarzt der Abteilung Lasermedizin an der Evangelischen Elisabeth Klinik Berlin: "Photonische Verfahren erlauben die Charakterisierung und Darstellung von Zellverbänden, also die Unterscheidung von krank und gesund am lebenden Organismus - vor Ort, ohne Gewebeentnahme und praktisch 'on the fly', also in Echtzeit". Die Erwartungen beruhen vor allem auf drei, sich ergänzenden Ansätzen: der optischen Kohärenz-Tomografie (OCT), der konfokalen und 2-Photonen-Mikroskopie sowie der Raman-Spektroskopie.
in die klinische Anwendung
Im Labor funktionieren die Verfahren bereits. Die Herausforderung besteht darin, auf dieser Basis kliniktaugliche Geräte zu entwickeln, die sich in Endoskope integrieren lassen, erläutert Dr. Ronald Sroka. Der Physiker leitet das Laser-Forschungslabor im LIFE-Zentrum der Uniklinik. Dort arbeitet er an solchen neuen Verfahren. Er ist zudem Generalsekretär in der Deutschen Gesellschaft für Lasermedizin DGLM. Die größten Vorteile versprechen sich die Forscher vom Einsatz im Rahmen der minimal invasiven Verfahren. Auf der LASER World of PHOTONICS leiten Philipp und Sroka als Chairmen ein Application Panel mit Praxisvorträgen in Halle B1, bei der die DGLM die aktuellen Forschungstrends und die Bedürfnisse der Mediziner zur Diskussion stellt (14. Mai, 10 bis 13 Uhr). Weitere Vortragsreihen beleuchten die Themen Laseranwendungen und optische Diagnostik in der Augenheilkunde (13. Mai, von 14 bis 17 Uhr), Laser für die Analytik und Bildgebung in der Biophotonik (14. Mai, von 14 bis 17 Uhr) sowie Visions for future diagnostics - Endoskopie (15. Mai, von 10 bis 13 Uhr).
im Körper des Patienten analysiert
Bereits heute lassen sich Tumore etwa in der Blase durch Substanzen markieren, die sich hauptsächlich in Tumorzellen anreichern und mit speziellem Licht zum Fluoreszieren angeregt werden können. So kann der Arzt erkennen, an welchen Stellen eine Biopsieentnahme sinnvoll erscheint. In Zukunft aber könnte die Gewebeprobenentnahme durch die "optische Biopsie" ersetzt werden: Der Arzt setzt an den verdächtigen Stellen die Optische Kohärenztomografie (OCT) ein, um dort auch in die Tiefe des Gewebes zu blicken. Mit dieser aus der Augenheilkunde bekannten Technik lässt sich auch nicht transparentes Gewebe 1 bis 2 Millimeter tief untersuchen. Der Mediziner könnte so direkt feststellen, ob die Tumorzellen bereits die Grenze zu den tieferen Gewebeschichten durchbrochen haben und Metastasen drohen.
Bei der gleichen Blasenspiegelung könnte in Zukunft sofort die Frage beantwortet werden: Wie gefährlich ist der Tumor? Dafür wählt der untersuchende Arzt eine Sonde, die für den endoskopischen Einsatz der Konfokalmikroskopie oder 2-Photonen-Mikroskopie ausgestattet ist. Aktuell gelingt es dem Klinik-Verbund T.E.A.M. unter Leitung des Laser-Forschungslabors der Uniklinik München, mit der Konfokal-Endoskopie bis zu 100 Mikrometer tief im Gewebe liegende Zellen direkt strukturell zu untersuchen. Mit Neuentwicklungen bei der 2-Photonen-Endo-Mikroskopie könnten sogar der Blick in bis zu 1000 Mikrometer Gewebetiefe gelingen. Endoskopische Sonden für Raman-Spektroskopische Untersuchungen könnten weitere wichtige Informationen über den Stoffwechsel der Tumorzellen liefern.
zerstört Tumorzellen und Bakterien
Diese Verfahren werden auch eine wichtige Rolle für die Diagnosen in anderen Körperregionen übernehmen, beispielsweise in Luft- und Speiseröhre. Dort sei eine Früherkennung von Tumoren mit klassischen Verfahren oft sehr erschwert, erläutert, Dr. Christian S. Betz, Oberarzt und Lehrbeauftragte an der HNO-Klinik der Universität München. Betz ist einer der Gründer der Head and Neck Optical Diagnostics Society (HNODS). Auch dort könnten mit der Fluroreszenzbildgebung oder dem sogenannten Narrow Band Imaging auffällige Schleimhautareale bei Risikopatienten besser als mit reiner Endoskopie gefunden werden, beschreibt Betz die Perspektiven. Solche und ähnliche Themen wird die HNODS im Rahmen ihrer Jahreskonferenz diskutieren, die 2013 erstmals als Partner-Konferenz der ECBO (European Conferences on Biomedical Optics) im Rahmen des World of Photonics Congress stattfindet. Diese Konferenz adressiert Wissenschaftler, Ingenieure und Ärzte, die optische und photonische Verfahren für die medizinische Diagnostik und Therapie nutzen.
Auch für die Therapie zeichnen sich dank Photonik revolutionäre Verfahren ab. Als eine Option für die Zukunft nennt Dr. Philipp die photodynamische Therapie, bei der die erkrankten Gewebe oder auch Bakterien möglichst selektiv mit einem durch Licht aktivierbaren Medikament (Photosensibilisator) angereichert werden. Unter Einwirkung von Licht einer bestimmten Wellenlänge entwickelt dieses Medikament seine zellzerstörende Wirkung.
Neueste biophotonische Techniken wie die Optische Kohärenztomografie, klinische und biomedizinische Spektroskopie und therapeutische Laseranwendungen werden vom 12. bis 16. Mai auch in der ECBO (European Conferences on Biomedical Optics) thematisiert. Die ECBO wird organisiert von der Optical Society (OSA) und International Society for Optics and Photonics (SPIE) und will die Brücke zwischen Klinikern, Ingenieuren und Wissenschaftlern bauen, um die Fragestellungen in der Medizin und Biophotonik zu lösen und den Weg bis zum Patienten zu ebnen.
13.5. bis 16.5.13, Messegelände München
Quelle: Messe München